Der Denkmalwert von wichtigen Teilen des Gebäudes – das Glasfoyer mit seinen Goldwolken, die Opernbühne und die Gebäudereste des Jugendstilgebäudes von 1902 – ist fachlich unstrittig, während die Theaterdoppelanlage aufgrund ihrer zahlreichen Umbauten als Ganzes nicht als Baudenkmal gilt. Im Protokoll der Sitzung des Denkmalbeirats Frankfurt vom November 2017 heiß es: „Gemäß Informationen von Herr Wionski (LfDH) bzw. Herrn Dr. Timpe (Denkmalamt Stadt Frankfurt Main) ist das Opern- und Schauspielhaus, zumindest in Teilen, als Kulturdenkmal anerkannt.“ Bereits ein Jahr zuvor hatte die Frankfurter Rundschau über die Bewertung des Hessischen Landeskonservators Heinz Wionski berichtet. Als schützenswert hob dieser das Wolkenfoyer von Oper und Schauspiel hervor. Mit seiner großen Glasfassade stelle es „eine Geste der Transparenz“ dar, die „absolute Klarheit“ bedeute. Hinzu kämen die wichtigen Kunstwerke im Wolkenfoyer, so etwa die aus Messing geschaffenen Kumuluswolken des ungarischen Künstlers Zoltan Kemeny, die über dem langgestreckten Foyersaal hängen. Als weiteren denkmalwerten Bestandteil der Gesamtanlage stellte Konservator Wionski die baulichen Überreste des alten, 1902 eröffneten Schauspielhauses heraus, die beim Bau der Theater-Doppelanlage integriert worden waren. Dazu zählten etwa zwei Treppenanlagen, die originalen Keller des Schauspielhauses mit Brandschutztüren aus dem Jahre 1903 mit zahlreichen baulichen Details. „All das ist denkmalwert.“ Einen besonderen Wert für sich stellten schließlich die beiden großen Bühnen von Oper und Schauspiel einschließlich ihrer Technik dar.“
Aus unbekannten Gründen, über die man nur spekulieren kann (gab es eine politische Einflussnahme?) sind die denkmalwerten Gebäudeteile gleichwohl bislang nicht in die Denkmalliste eingetragen. Rein rechtlich gesehen ist eine solche Eintragung für den Schutz der Kulturgüter nicht erforderlich, denn im Hessischen Denkmalgesetz heißt es: „Der Schutz unbeweglicher Kulturdenkmäler ist nicht davon abhängig, dass sie in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen sind.“ Und mit Bezug auf diesen Passus konstatiert auch Andrea Hampel, Hauptkonservatorin der Stadt Frankfurt im Februar 2020 auf Anfrage. „Es ist klar, dass sich grundsätzlich ein denkmalrechtlicher Belang aus § 11 HDSchG ergibt“.
Doch die politische Realität ist eine andere. Weder im Bericht der Stabsstellen von Februar 2020 noch in der Machbarkeitsstudie von 2017 wird jemals das Wort Denkmalschutz oder die Namen der damaligen Architekten und Künstler auch nur erwähnt. In welcher Uninformiertheit über denkmalpflegerische Belange das Stadtparlament seine Abrissentscheidung gefällt hat, verdeutlichen Aussagen der verantwortlichen Politiker. So stellt die Fraktion der Grünen im Römer im Februar 2020 fest: „Nach unserem Kenntnisstand steht lediglich das Foyer der Theaterdoppelanlage unter Denkmalschutz. Hier gibt es aber auch anderslautende Informationen, dass es überhaupt keinen Denkmalschutz gäbe.“ Für Planungsdezernent Mike Josef (SPD), zu dessen Zuständigkeitsbereich die Denkmalpflege gehört und der daher auch den Sitzungen des Denkmalbeirats der Stadt beiwohnt, basiert „die Grundlage seiner Arbeit und Entscheidung über das Gebäude […] auf der Tatsache, dass das Schauspielhaus oder Teile davon zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht unter Denkmalschutz stehen“. Geflissentlich ignoriert er die ihm bekannten Aussagen des hessischen Landeskonservators.
Sehr bewusst wurde die Landesdenkmalpflege nicht in die Planungsprozesse einbezogen, sondern erst im Nachgang informiert. So auch jüngst: Über die Planungen der letzten zwei Jahre wurde das Landesdenkmalamt erst Anfang März 2020 informiert. In Folge dieser Konsultationen erstellte das Landesdemkmalamt ein Gutachten, welche es am 20.Mai 2020 veröffentlichte. Dieses stellt fest, dass das Foyer die „gesetzlichen Voraussetzungen eines Kulturdenkmals aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen“ erfülle und somit an seinem Erhalt ein öffentliches Interesse bestehe.
Damit ist nach § 18 des Hessischen Denkmalschutzgesetz eine Abrissgenehmigung erforderlich, die bislang weder beantragt noch erteilt wurde. Die dafür nötige Abwägung der denkmalpflegerischen mit anderen öffentlichen Belangen hat soweit bekannt noch nicht stattgefunden.
In Hinsicht auf diesen bislang unterlassen und noch ausstehenden Schritt äußerte sich Landeskonservator Heinz Wionski bei Veröffentlichung des Gutachtens mit den Worte: „Wir freuen uns darauf, im konstruktiven Miteinander Chancen und Möglichkeiten der Erhaltung und Integration der denkmalwerten Elemente zu erörtern und gemeinsam weitere Schritte zu entwickeln“, so Wionski. Wichtig sei es, die geschichtliche Dimension des Standorts Städtische Bühnen insgesamt sowie das besondere Erhaltungsinteresse am Foyer als Rahmenbedingung in den Planungsprozess einzubringen.“ Es bleibt abzuwarten, wie die Verantwortlichen der Stadt Frankfurt hiermit umgehen.
Downloads: Protokolle der Sitzungen des Denkmalbeirats der Stadt Frankfurt
Die Ignoranz Frankfurter Politiker in Sachen Denkmalschutz ist seit Jahrzehnten bekannt. Meike Joseph fügt sich würdig ins Bild ein.