Statement von Roland Wäspe, Direktor des Kunstmuseum St.Gallen, April 2020//
Die Raumskulptur von Zoltan Kemeny schwebt auf einer Länge von 116 m an der Decke des Foyers der Städtischen Bühnen Frankfurt. Das Ensemble wurde im November 1963 im Foyer des Gebäudes installiert und bildet zusammen mit der Architektur von Otto Apel, Hannsgeorg Beckert und Gilbert Becker und „Knife‘ s Edge“ von Henry Moore und dem Gemälde „Commedia dell‘ Arte“ von Marc Chagall ein einzigartiges Ensemble der 1960er Jahre. Das Gebäude ist im Zusammenspiel mit der Raumskulptur von Zoltan Kemeny ein architektonisches Monument erster Güte dieser Zeit, in seiner Verbindung mit zeitgenössischer Kunst direkt vergleichbar dem Campus der Universität St.Gallen von Otto Förderer im Dialog mit Arp, Giacometti, Miro, Kemeny, Alicia Penalba u.a. Es ist aus meiner Sicht völlig undenkbar, dieses einzigartige Ensemble der Städtischen Bühnen und Symbolzeichen für die freie Kultur Frankfurts in irgend einer Form zu beeinträchtigen. Niemand käme auf die Idee, Egon Eiermanns Ensemble der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ersetzen zu wollen. Die Raumskulptur von Zoltan Kemeny ist sein bedeutendstes Werk, dass er unter grösster Kraftanstrengung und bereits gezeichnet von seiner Krebserkrankung realisiert hat. Dieses Hauptwerk der Kunst der 1960er Jahre darf keinesfalls in Mitleidenschaft gezogen werden und verträgt keinen Wechsel in eine andere Architektur. Kemeny war Teilnehmer der documenta 2 und 3 in Kassel und anlässlich der 32. Biennale di Venezia erhielt er 1964 den Grossen Internationalen Preis für Bildhauerei verliehen.
Der verniedlichende Titel «Wolken» oder «Goldwolken», der vielfach verwendet wird, stammt nicht von Zoltan Kemeny. In den erhaltenen Unterlagen spricht er von einer Raumskulptur oder der Deckenskulptur für die Städtischen Bühnen Frankfurt. Harry Buckwitz, der Generalintendant der Städtischen Bühnen Frankfurt, benennt sie in einem Brief als kosmische Elemente in musischer Ordnung. Im Kondolenzschreiben an Madeleine Kemeny vom 19.6.1965 schreibt Harry Buckwitz: «… Sicher werden Sie in absehbarerer Zeit nach Frankfurt kommen, um eines der bedeutendsten Werke Ihres Mannes, an dem auch Sie so grossen Anteil hatten, nochmals anzusehen.»
Den Zeitgenossen war durchaus klar, welch grossartiges Ensemble hier für Frankfurt geschaffen worden war. Es ist dramatisch, das diese Wertschätzung aktuell verloren ist. Auf dem Hintergrund der jüdischen Familien von Madeleine und Zoltan Kemeny ist diese zeitgenössische Indifferenz noch viel unverständlicher. Was es für Madeleine und Zoltan bedeutet haben mag, ein Hauptwerk für das Foyer der Städtischen Bühnen Frankfurt zu realisieren, ist wohl kaum mit Worten zu beschreiben.
Das Kunstmuseum St.Gallen vertritt die Urheberrechte von Zoltan Kemeny und verfügt über einen Teilnachlass, aus dem die hier gezeigten Fotos und die beiden Breife entnommen sind.