Von Philipp Oswalt// Ob als Sanierung oder Neubau – der Verbleib der städtischen Bühnen an ihrem jetzigen Standort erfordert Interimsspielstätten, weil auch eine Sanierung im laufenden Betrieb nicht möglich ist. Und die Frage des Interims spielt gegenwärtig eine maßgebliche strategische Rolle bei der Frankfurter Theaterdiskussion. Das liegt an seinen Kosten. Nach Aussagen der Stabsstelle Städtische Bühnen von Februar 2020 kostet ein Theaterinterim 27,5 Mio. €, ein Operninterim 69,9 Mio. €. Aufgrund dieser Kosten wollen einhellig alle Kulturpolitiker– bei sonst divergierenden Ideen – ein Operninterim vermeiden, was den Umzug der Oper an einen neuen Standort erzwingt. Doch stellt sich die Frage: Ist dies wirklich schlüssig?
Schon ein erster Blick verrät, dass hier von absurden Voraussetzungen ausgegangen wird. Die Opernintendanz wünscht sich, dass sie im Interim die Bühnenbilder des gegenwärtigen Repertoires weiternutzen kann. Dafür ist aber eine Drehbühne mit einem Durchmesser von 38,5 Metern erforderlich. Nach Aussagen von Fachleuten hat es bislang weltweit noch nie ein Interim mit Drehbühne gegeben. Viele Opernhäuser wurden aber in den letzten Jahren und Jahrzehnten saniert, eben ohne solche aufwändigen Lösungen und damit zu geringeren Kosten.
Daher sind die Annahmen für mehrjährige Interimszeiten zu hinterfragen. Ein Operninterim wird finanziell vertretbar und auch möglich, wenn nicht derartige Maximalforderungen diskussionslos gesetzt sind, sondern ein Interim auch als eine Chance begriffen wird, Oper einmal anders zu denken, an anderen Spielorten und in anderen Spielweisen, nicht als Repertoirebetrieb, sondern im En-suite-Betrieb usw. Dies ist das eine. Das andere sind die möglichen Spielorte. Hier sind prinzipiell mehrere Ansätze denkbar: Neubau, Umnutzung oder Nachnutzung. Bei letzterem würde das Bauwerk für das Interim entweder am gleichen Ort für eine andere, folgende und permanente Nutzung weiterverwendet, so dass sich der investive Aufwand rechtfertigt. Oder aber es ist ein ab- und wiederaufbaubares Bauwerk, welches andernorts für ähnliche Zwecke weitergenutzt werden kann wie z.B. bei der Opéra des Nations des Grand Théâtre in Genf, welche das in Holzbauweise ausgeführte Interim der Comédie- Française Paris von 2012/2013 ab 2016 weiternutzte. (siehe hierzu etwa: https://www.espazium.ch/de/aktuelles/das-opern-provisorium-genf-ein-instrument-aus-holz). Bei 60% auswärtigen Zuschauern wäre es zudem auch angemessen, Schauspiele und Oper nicht lokal, sondern regional zu begreifen und auch Ersatzspielstätten z.B. in Darmstadt in Betracht zu ziehen.
Mehre Studienprojekte befassten sich damit, wie für die Sanierung der Städtischen Bühnen Frankfurt eine Interimslösung konzipiert werden könnte. Im Wintersemester 2017/18 entwarfen Studierende der Universität Kassel ein Schauspielinterim für den Goetheplatz. Weitere Infos finden Sie hier im download.
Im Oktober 2019 entwarfen Studierende der AAC Academy for Architectural Culture Hamburg ein Operninterim an der Bockenheimer Warte. Weitere Infos finden Sie mit diesem link: www.aac-hamburg.de/forschung/kulturelle-bauten/details/workshop-1578-designs-for-an-interim-venue-of-the-frankfurt-opera.html