Sanierung oder Neubau

Im Januar beschloss die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, für die städtischen Bühnen einen Neubau zu errichten und das bestehende Gebäude aufzugeben. Zu dieser umstrittenen Entscheidung kam es nach einem neun Jahre langen Prüfprozess, in dem zwar bautechnische Fragen intensiv untersucht worden sind, bei dem aber die Frage nach der zukünftigen Theaterkonzeption und dem Denkmalschutz weitestgehend vernachlässigt wurden.

Nachdem immer wieder neue Sanierungsmaßnahmen an der Theaterdoppelanlage von ABB Architekten von 1963 erforderlich wurden, forderte im Sommer 2011 das Revisionsamt der Stadt Frankfurt am Main zur Beendung des fortgesetzten Stückwerks ein Gesamtsanierungskonzept, welches 2013 dann auch in Auftrag gegeben wurde. Ein Planerkonsortium unter der Leitung von BMP Baumanagement GmbH Köln unter Beteiligung des Architekturbüros PFP (Jörg Friedrich Hamburg) erstellte in den Jahren 2014 – 2017 für € 6,5 Mio. diese Machbarkeitsstudie.

Als sich bereits im Sommer 2016 eine Verdreifachung der ursprünglich auf € 130 Mio. geschätzten Kosten andeutete, brachten Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) und Bürgermeister Uwe Becker (CDU) erstmals die Möglichkeit eines Neubaus ins Spiel. Das fertige Gutachten bezifferte die Kosten für Sanierung oder Neubau dann sogar auf 850 – 890 Mio. €, die Kosten für die Interimsspielstätten je nach Variante auf 20 – 70 Mio. €.

Der ehemalige Baudezernent Hans-Erhard Haverkampf (SPD) widersprach wenige Wochen nach Veröffentlichung den Aussagen des Gutachtens und hielt eine Sanierung im Rahmen der einst von der Kämmerei geschätzten Kosten für möglich, wie er in einer 27-seitigen Expertise darlegte. Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) suchte nun nach Einsparmöglichkeiten, während sich Baudezernent Jan Schneider (CDU), um u.a. die Interimskosten zu sparen, für die Option eines Neubaus an anderem Standort aussprach, die auch vom Regionalteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung propagiert wurde.

Im April 2018 beauftragte die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat mit weiteren Untersuchungen, der hierfür im Oktober 2018 eine Stabsstelle einrichtete. Ergänzend zu einer Fortsetzung der Beauftragung von Autoren der Machbarkeitsstudie wurde im Frühjahr 2019 ein Evaluierungsteam beauftragt. Am 23.1.2020 stellte Kulturdezernentin Ina Hartwig eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse der Presse vor. Neben Sanierung bzw. Neubau am bisherigen Standort war nun auch die Option eines Neubaus an anderem Standort untersucht worden. Trotz Verzicht auf einige von Hans-Erhard Haverkampf als unnötig kritisierten kostentreibenden Vorgaben sah man nun bei allen Varianten Kosten von 810 – 920 Mio. € als gegeben an, wobei eine Sanierung des Bestandes mit den höchsten Kosten verbunden sei. Anders als 2017 wurden die Gutachten aber diesmal nicht veröffentlicht. Bereits eine Woche später entschied sich die Stadtverordnetenversammlung gegen eine Sanierung des bestehenden Theaterbaus und legte sich auf einen Neubau fest. Wo dieser realisiert werden sollte, ist allerdings bislang völlig offen. Die CDU präferiert einen Neubau am Osthafen auf dem Betriebsgelände von Raab Karcher, SPD und Grüne hingegen einen Opernneubau in der Wallanlage gegenüber den heutigen Städtischen Bühnen und einen Neubau des Schauspielhauses  am alten Standort. Im Gespräch als mögliche Standorte sind auch die Wallanlage gegenüber der Alten Oper sowie der Kulturcampus an der Bockenheimer Warte.

Die Initiatoren dieser Website kritisierten Anfang März den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung und plädierten dafür, das Wolkenfoyer und nach Möglichkeit auch Bühne und Zuschauerraum der Oper zu erhalten. Dies wäre etwa im Rahmen eines Teilabrisses und -neubaus möglich.

Ende März 2020 verkündete Oberbürgermeister Peter Feldmann angesichts der Kosten der Corona-Pandemie die Verzögerung der Investitionsentscheidung, die etwa ein Viertel des jährlichen Budgets der Stadt Frankfurt erfordern würde: „Zuerst muss die Stadt wieder auf die Beine kommen.“

3 Kommentare zu „Sanierung oder Neubau

  1. 1. Die Oper wurde nach dem großen Brand Ende der 80er Jahre total erneuert, ist also nicht „veraltet“

    2. Der immense Klimaschaden, der bei einem Neubau durch den benötigten Beton d.h. Schauspielh. + Oper ca. 500 000t (1t Beton=1t Co²) entstehen würde, ist bisher überhaupt noch nicht berücksichtigt worden

  2. Sehr geehrter Herr Oswalt,

    Ihre Petition ist zu kritisieren: verkürzen und verdrehen von Tatsachen, Ignoranz gegenüber objektiven Sachverhalten, persönliche Angriffe, Diffamierungen und Unterstellungen – ja selbst vor Unwahrheiten schrecken Sie nicht zurück.

    Erschreckend ist auch, dass sich bei dieser Aktion schnell eine große Anzahl von in der Sache regelmäßig völlig unbedarften „Mitstreitern“ (im wahrsten Wortsinne) findet. Das zeigt beispielhaft der faktisch völlig falsche Kommentar von Herrn Stiller („die Oper wurde nach dem großen Brand…total erneuert“). Genau diesen Dilettantismus befördern Sie mit Ihrer Aktion.

    Eine dringend notwendige Versachlichung im Sinne der gewaltigen Aufgabe, ein gebotener konstruktiver Dialog über die Zukunft der Bühnen ist von Ihnen bisher noch nicht einmal in Erwägung gezogen.

    Ich hoffe, dass die Verantwortlichen stark genug sind, um einen konstruktiven Prozess gegen alle Polemik zu befördern und bei gebotener Wirtschaftlichkeit den Bühnenbetrieb für viele Jahrzehnte auf ein solides Fundament zu stellen.

  3. Sehr geehrter Herr Guntersdorf,
    danke für Ihren Kommentar. Nur: Sie unterstellen uns – wie schon zuvor teilweise zuvor in der FAZ: verkürzen und verdrehen von Tatsachen, Unwahrheiten, persönliche Angriffe, Diffamierungen und Unterstellungen, doch bleiben einen Beleg dieser Behauptung schuldig. Sie müssen sich fragen lassen, ob nicht genau das, was Sie uns zuschrieben, nicht auf Sie selbst zutrifft.
    Wie auch bei Leserbriefen in Zeitungen üblich: wir zensieren Kommentare nicht. Auch ich halte die Aussagen von Günther Stiller (wie die Ihrigen) für unzutreffend, aber das erübrigt nicht unsere Kritik nicht. Ich würde mich freuen, wenn es bald möglich wäre, zu einem konstruktiven sachlichen Gespräch zu finden, und wenn alle relevanten Informationen öffentlich zugänglich gemacht werden. Philipp Oswalt

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