Das Frankfurter Stadtparlament hat am 14. Dezember eines der größten innerstädtischen Abrissprojekte Deutschland der letzten Jahrzehnte auf den Weg gebracht: Zwei große Gebäudekomplexe – die Städtischen Bühnen und der Haupsitz der Sparkasse – mit insgesamt 105.000 qm Gebäudeflächen werden dem Erdboden gleich gemacht. Mehrere eingetragene Denkmäler werden zerstört. Etwa 100.000 Kubikmeter Bauschutt und eine Klimabelastung von 70.000 Tonnen CO2-Equivalenten fallen an.
Die für den Theaterneubau beschlossene Kulturmeile steht in der unseligen Abrisstradition des „Dynamit-Rudis“ (Oberbürgermeister Frankfurts 1972-1977). Nicht nur die bestehende Theateranlage, sondern auch der 39.000 qm große intakte Gebäudekomplex der Sparkasse muss dafür vernichtet werden. Gewonnen ist damit nichts. Die Suche nach Alternativen zum Standort der heutigen Doppelanlage war einst getragen von der Hoffnung, dass damit das Projekt billiger, einfacher und funktionaler wird. Nicht zuletzt sollte ein teures Operninterim vermieden werden. Von all dem ist nichts geblieben. Mit dem Bau des Schauspiels in der Neuen Mainzer bleibt der Oper das Interim nicht erspart. Das Vorhaben ist gut 300 Mio. teurer und wesentlich umweltschädlicher als ein Neubau oder Teilsanierung der Doppelanlage. Aber selbst für die Beschäftigten ist die Kulturmeile nachteilig. Der marode Theaterbau muss so noch 10 Jahre lang genutzt werden, 7 Jahre länger als nötig. Und auch die Fertigstellung der Spielstätten verzögert sich um mindestens vier Jahre.
Es wäre ehrlich gewesen einzugestehen, dass die vier Jahre lange Suche nach Alternativen nichts gebracht hat. Man hätte schon 2020 über Neubau oder (Teil)sanierung der Doppelanlage entscheiden und diese auf den Weg bringen können. Dies hätte enorm viel Zeit und Geld gespart. Und nicht einmal der heutige Beschluss schafft Klarheit. Die Zukunft des Schauspiels ist in der Schwebe, weil der Baugrund der Stadt nicht gehört. Weitere Untersuchungen und Verhandlungen mit den üblichen Verzögerungen werden wahrscheinlich die Folge sein.
Ein Gebäude mit großer Tradition, das für eine wichtige Epoche der Stadtgeschichte steht wie kaum ein anderes, wird verschwinden und aus dem Stadtbild ausgelöscht. Die Nachkriegsgeneration hat die Kriegsruine des Schauspiels intelligent genutzt und in einem innovativen Prozess des Weiterbauens daraus eine moderne Theateranlage entwickelt, die ein wichtiger Ort der jungen Demokratie war. Diese visionäre Kraft fehlt der Politik heute. Sinnlos zerstört sie Vorhandenes, um für die Oper ein antiquiertes Leuchtturmprojekt im Geiste neoliberaler Stadtmarketings der 1990er Jahren aus der Taufe zu heben. Das Schauspiel wird marginalisiert, städtebaulich massiv abgewertet und in eine ungewisse Zukunft entlassen.
Weitere Infos unter: http://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/09/27/oeffnen-sanieren-weiterbauen/