Mehr Grün trotz mehr Baufläche? Sechs Jahre Oper im zu kleinen Schauspiel? Mehr Fragen als Antworten!
Die Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt begrüßt die Entscheidung, die städtischen Bühnen am einzig plausiblen Standort Willy-Brandt-Platz zu belassen. Allerdings gibt der jetzt vorgelegte Abschlussbericht vom Februar 2023 Anlass zu großer Sorge, denn die vom Kulturdezernat präferierte Spiegellösung ist keine – sie wurde bereits vor Jahren erwogen und aus guten Gründen verworfen. Die neue Studie zu den städtischen Bühnen zeigt: Anstatt an einer tragfähigen und zeitgemäßen Lösung zu arbeiten, wurde durch die Kulturmeile wertvolle Zeit vertan. Sie hätte genutzt werden müssen, um die Arbeitsbedingungen der Angestellten unserer Städtischen Bühnen schnell zu verbessern.
Die Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt warnt: Die Verantwortlichen verlaufen sich in den Verästelungen des Projekts, geben Studien zu Details in Auftrag und ignorieren deren grundlegende blinde Flecken. Ein markantes Beispiel: Auch die jetzt vorgelegte Studie gibt die Ergebnisse des Validierungsgutachtens von 2020 falsch wieder und kommt zu Schlüssen, die denen der am Validierungsgutachten beteiligten Expert:innen eindeutig widersprechen.
Die Spiegellösung verweigert sich geradezu kategorisch den brennenden Themen unserer Zeit, etwa dem ecological turn in Architektur- und Theaterwelt oder der Repräsentationskrise sich diversifizierender Stadtgesellschaften. Sie ignoriert alle Erfahrungen, die in den letzten Jahren bei der Entwicklung neuer Stadttheatermodelle gemacht wurden. Anstatt sich einer Altes und Neues verbindenden Weiterentwicklung des Bestandes zu stellen, wird eine im schlechtesten Sinne modernistische, aus der Zeit gefallene Maximallösung verfolgt und ein identifikationsstiftendes Kulturdenkmal zerstört. Die Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt denkt: Die öffentliche Hand muss glaubwürdig vorleben, was demnächst von der Privatwirtschaft erwartet wird!
Die Pläne für die beiden neuen Häuser am Willy-Brandt-Platz für die städtischen Bühnen laufen abgekoppelt von den Planungen für das Zentrum der Künste und den mit ihm eng verknüpften Neubau der HfMDK. Die Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt stellt fest: 1+1+1+1= Null. Die einzelnen städtischen Bauprogramme schreiben die Bedarfe der Gegenwart fort und sind damit das Gegenteil von zukunftsfähig. Sie dürften bereits bei ihrer Eröffnung in den 2030er-Jahren hoffnungslos veraltet sein. Anstatt der vermeintlich alternativlosen Weiterführung des Neubauprojekts fordern wir eine von Stadt und Land gemeinsam getragene, ergebnisoffene Studie zur Theaterentwicklung der Stadt, die zunächst fragt, was der Stadt und ihren Theatergänger:innen, den vielen Besucher:innen aus Region und Land und vor allem auch den (Noch-)Nicht-Theaterbesucher:innen wertvoll ist und was daraus entstehen kann. Bei einem Wettbewerb für die Städtischen Bühnen sollte die Ausschreibung so offen formuliert sein, dass unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes ein Weiterbauen ebenso möglich ist wie eine Neubaulösung.
Die Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt fordert vor allem: mehr Pragmatismus wagen! Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren und für den Standort Willy-Brandt-Platz Spielraum zu gewinnen, müssen neue Prioritäten gesetzt werden: An erster Stelle steht der zügige Aufbau eines gemeinsamen Produktionszentrums für die beiden Häuser und für die freie Szene, beispielsweise in Bockenheim. Es kann zunächst als Interim dienen und perspektivisch Oper, Schauspiel und Zentrum der Künste in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander produzieren lassen. Damit würden die seit Jahren inakzeptablen Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden unserer Städtischen Bühnen schnellstmöglich verbessert und eine sukzessive Verschränkung des Produzierens in den Häusern und den Freien Künsten möglich. Wir regen außerdem an, das Land Hessen bei der Finanzierung dieser innovativen Aufgabe in die Pflicht zu nehmen. Es kann dadurch die Stadt entlasten und so die Leistung der Frankfurter Theaterkultur für das gesamte Bundesland auch finanziell anerkennen.
Die Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt meint: Theater und Oper sind ein Luxus, den wir uns leisten sollten. Aber: Wenn die Bauvorhaben ohnehin sehr teuer werden, dann brauchen wir im Zentrum dieser Stadt eine zukunftsfähige, innovative Lösung und nicht die bloße Fortschreibung bürgerlicher Repräsentationsformen aus dem vergangenen Jahrhundert!
Alfons Maria Arns, Maren Harnack, Hanns-Christoph Koch, Nikolaus Müller-Schöll, Philipp Oswalt
für die Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt, 3. März 2023