Der neue Theaterplatz

Am 12. Dezember 2024 haben die Frankfurter Stadtverordneten entschieden, das Theater vom heutigen Willy-Brandt-Platz an die Neue Mainzer Straße zu verlegen und dort neu zu bauen. Aus diesem Anlass haben wir beide Ort heute nochmals aufgesucht, und filmisch festgehalten.

Hier also der neue Standdort des Theaters an der Kulturmeile:

Alle drei hier gezeigten Aufnahmen wurden spontan am Montag, den 16.12.2024 zwischen 10:15 – 10:30 erstellt, also außerhalb der Rush-Hour.

Bzgl. der Positionierung des Theaterneubau zur Straße heißt es seitens des Magistrats: „Das neue Gebäude des Schauspielhauses und der Hochhauskomplex mit einem dazwischenliegenden Durchgangsbereich [orientieren sich] zueinander. Dadurch entstehen ein durch beide Baukörper belebter offener Zwischenbereich und Durchgänge zwischen dem Bankenviertel, der Neuen Mainzer Straße und der Wallanlage.“ D.h. der Theaterbau soll sich nicht primär auf die Neue Mainzer orientierten, sondern auf das benachbarte Hochhaus und den dazwischenliegenden Freiraum, wie es sich auch in dem vor kurzem im Deutschen Architekturmuseum gezeigten Modell zeigt. Dieser recht enge Vorplatz ist auf der einen Seite von der Neuen Mainzer Straße, auf der anderen vom Anlagenring flankiert:

Modell des Theaterneubaus an der Neuen Mainzer Straße, wie auf der Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum im Oktober 2024 gezeigt. Foto Alfons Maria Arns
Modell des Theaterneubaus an der Neuen Mainzer Straße, wie auf der Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum im Oktober 2024 gezeigt. Foto Alfons Maria Arns

Der Testentwurf von gmp Architekten aus dem Jahr von 2020 für den Standort ging noch von einem Opernbau statt Theterbau aus, und dies südlich des neuen Hochhaus statt nördlich. Dieser Entwurf wurde mit Blick von der Neuen Mainzer Straße wie folgt dargestellt:

In dieser Darstellung ist der vorhandene Autoverkehr wegretouchiert. Der Bereich vor der Oper sieht hier so verkehrsfrei aus wie der Willy-Brandt-Platz, was aber leider nicht möglich ist.

Es ist zwar angedacht, die drei Fahrspuren der Neuen Mainzer Straße auf zwei Fahrspuren zu reduzieren, und damit den Verkehr auf die die Wallanlagen durchquerende Straße Taunustor zu verlagern, doch verkehrliche Untersuchungen stehen hierzu soweit öffentlich bekannt noch aus. Dies wird aber nichts daran ändern, dass die Neue Mainzer Straße mit ca 18.000 Autos je Werktag einer der besonders stark frequentierten Straßen in der Innenstadt gehört, die Reduktion des Verkehrsfluss durch die Fahrbahnreduzierung soll weniger als 10 Prozent betragen (1.200 – 1.600 Fahrzeuge/ Tag).

Klar ist auch, dass der Hauptzugang zum neuen Theater von der Neuen Mainzer Straße erfolgen wird. Nicht nur, weil nur hier die Anfahrt per Auto – etwa Taxi – möglich ist, sonder auch, weil davon auszugehen ist, dass hier der Großteil der Nutzer der U-Bahn entlang gehen werden, weil sie nicht den Umweg über die Wallanlagen gehen wollen.

Sehr anders ist die Situation am Willy-Brandt-Platz. Dieeser ist – abgesehen von den Straßenbahnen – frei von Druchgangsverkehr und direkt mit der Grünanlage verbunden. Dies zeigt auch das Video zu gleicher Tageszeit vom Theatervorplatz am Willy-Brandt-Platz:

Die Doppelanlage an diesem Ort neu zu errichten, würde 300 Mio. Euro weniger Kosten als die Kulturmeile mit dem Theater an der Neuen Mainzer, und hätte noch andere Vorteile, ist aber politisch nicht erwünscht.

Die Kulturmeile – eine Jahrhundert-Fehlentscheidung

Am 12. Dezember 2024 soll die Stadtverordnetenversammlung den Neubau der Städtischen Bühnen Frankfurt als Variante Kulturmeile final beschließen, obwohl sich die Argumente für die angeblichen Vorzüge dieser Variante längst in Luft aufgelöst haben. Alle sachlichen Gründe sprechen längst gegen diese Option:

  • Mit der Kulturmeile kann ein Operninterim nicht vermieden werden, da das Grundstück an der Neuen Mainzer nur für einen Theaterneubau geeignet wäre.
  • Die Grundstückskosten mit Baufreimachung haben sich für die Kulturmeile binnen eines Jahres von 116 Mio. Euro (die Jahreszahlung abgezinst auf heute mit durchschnittlichem Zinssatz von 2,5%) auf 214. Mio. Euro nahezu verdoppelt, während das Grundstück der Doppelanlage bereits Eigentum der Stadt Frankfurt ist und somit kostenfrei zur Verfügung steht.
  • Die Bestandsbauten müssen bei der Kulturmeile sechs Jahre länger genutzt werden als beim Neubau der Doppelanlage, mit unbekannten Kostenrisiken für den nun benannten potenziellen Bedarf für Notspielstätten.
  • Für die Logistik erweist sich die Aufteilung der Bühnenstandorte nachteiliger als ein Produktionszentrum mit Lager, weil sich damit die Arbeitsabläufe auf drei statt zwei Standorte verteilen.
  • Die Neue Mainzer gehört mit mehr als 25.000 KfZ pro Tag zu den am stärksten befahrenen Straßen der Frankfurter Innenstadt und ist als Standort für das Theater wesentlich unattraktiver als der bisherige Standort am Willy-Brandt-Platz. Zudem fehlt hier der für Stadtprojekte, Aktionen, Öffnungen nach außen notwendige Theatervorplatz.
  • Das Projekt wird zudem zur Hängepartie: Der Grundstücksdeal muss erst von der EU Kommission gebilligt werden; ungelöst ist auch, wie an der Neuen Mainzer mit Theater und Hochhaus eine parallele Doppelgroßbaustelle möglich sein soll.

Als die Stadtverordnetenversammlung im Dezember 2023 tendenziell für die Kulturmeile votierte, lag dem der Bericht der Stabsstelle Zukunft der Städtischen Bühnen zu Grunde. Deren Kostenvergleich ging von Gesamtkosten von 1,3 Milliarden Euro aus, wobei die betrachteten Varianten für Kulturmeile und Neubau Doppelanlage nahezu gleich teuer waren. Inzwischen ist klar geworden, dass die Variante Kulturmeile mit Theater in der Neuen Mainzer 1,6 Milliarden Euro kostet und somit 300 Mio. Euro mehr als ein Neubau der Doppelanlage. (Hierzu:

Kulturdezernentin Ina Hartwig hatte im Februar letztes Jahr mit ihrem Plädoyer für eine Spiegellösung einen Versuch unternommen, die von ihr selbst initiierte Kulturmeile zu beerdigen. Von Oberbürgermeister Mike Josef wurde sie im Juli 2023 mit einem fragwürdigen Deal reanimiert, der längst keinen Bestand mehr hat und der auch einige Kritikpunkte von Ina Hartwig nicht ausräumte. Doch zur Gesichtswahrung halten alle Akteur*innen an ihrem einst unter anderen Prämissen getroffenen Beschluss fest – koste es was es wolle. Wie die 300 Mio. Euro Mehrkosten für eine städtebaulich schlechtere Variante finanziert werden sollen, ist unklar, wie auch die Gesamtfinanzierung des Projektes ungelöst bleibt. Zuschüsse des Landes wurden bisher nicht eingeworben. Bund und Umlandgemeinden haben ihre Zuschüsse für den Frankfurter Kulturbetrieb mittlerweile gekürzt.

Ganz unbeachtet bleiben außerdem Fragen der Ökologie und Denkmalpflege, denen die Frankfurter Politik mit diesem Projekt eine klare Absage erteilt. Nicht nur soll an der Neuen Mainzer Straße ein intakter Bürokomplex mit 39.000 qm Bruttogeschossfläche ohne Not abgerissen werden, auch sind dort zwei denkmalgeschützte Bauten bedroht, von der Niederlegung des ebenfalls denkmalgeschützten Opernfoyers und der intakten Gebäudeteile der Doppelanlage ganz zu schweigen.

Die Initiative Zukunft Städtische Bühnen fordert:

  • Den Erhalt des Standorts Willy-Brandt-Platz für beide Häuser.
  • Einen Architektur-Wettbewerb für Neugestaltung und Weiterbau der Doppelanlage, der Teilerhalt und Sanierung mit einem Neubau verbindet. 
  • Die unverzügliche Realisierung eines Produktionszentrums und der Interims auf dem Grundstück im Gutleutviertel.
  • Die Neukonzeption der Institution in Hinsicht auf die veränderte, diverse und plurale Stadtgesellschaft und ihre Kulturen.

Der beabsichtigte Beschluss für die Kulturmeile ist eine Jahrhundert-Fehlentscheidung – finanziell, städtebaulich, ökologisch und baukulturell.

Frankfurt, den 6.12.2024

Alfons Maria Arns (Freier Kulturhistoriker)
Jens Jakob Happ, Architekt
Prof. Dr. Maren Harnack (Frankfurt University of Applied Sciences)
Hanns-Christoph Koch (Deutscher Werkbund Hessen)
Martina Metzner (freie Journalistin, abaut)
Prof. Dr. Nikolaus Müller-Schöll (Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Prof. Dr. Philipp Oswalt (Universität Kassel)

Desaster! Fiasko! Skandal?

Zu den jüngst bekannt geworden Konkretisierungen der Pläne zum Kauf des Grundstücks an der Neuen Mainzer Landstraße für den Neubau des Schauspiels schrieb Joachim Gres in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 29.07.2024 einen kritischen Leserbrief. In diesem folgert er, der Deal zum Theaterprojekt wird „zum finanziellen und damit kulturellen Desaster“.

Daran anknüpfend schrieb der Frankfurter Stadt- und Regionalplaner Peter G. Lieser, emeritierter Professor für Umweltgestaltung an der Kunsthochschule der Gutenberg-Universität Mainz und ehemals Mitglied der Magistratsgruppe der Grünen im Frankfurter Römer, einen ergänzenden Leserbrief, den die FAZ am 12.08.2024  veröffentlichte:

Der Neubau des Theaters an der Neuen Mainzer droht ein 199 Jahre andauerndes Fiasko für die Frankfurter Theaterwelt zu werden, weil weitere, grundlegende Dinge missachtet wurden:

  1. Das zukünftige Schauspiel gehört nicht zwischen Bankentürme. Ein freier, das Theater umgebende Raum gehört dazu, als kulturelle, gerade auch städtebauliche Würdigung dessen, was die innere Bühne bietet. Kulturpolitik heute, im Schatten der Bankentürme, oder Fiasko durch falsche (OB-) Entscheidung?
  2. Die Wallanlage ist ein Ort des Ausgleichs im Alltag, ein Ort der Erholung in der Stadt und der Ruhe. Ist es nicht Frevel, hier einen Theaterplatz als städtebaulichen Ersatz für den fehlenden Raum hineinzuzwängen?         Für den „Etikettenschwindel Kulturmeile“ (die es bereits gibt, auch ohne dass dafür ein Theater an den falschen Ort bemüht werden muss) einen Diebstahl am denkmalgeschützten Traditions- und Klima-Raum „Wallanlage“ zu begehen?
  3. Weiß man in den Kämmerchen der Entscheider, ob zwei getrennte große Bühnen in zwei getrennten großen Häusern den zukünftigen Ansprüchen an das Theater gerecht werden? Gibt es nicht (weltweit) gute Beispiele von Repertoiretheater-Häusern, deren (Guckkasten-) Bühnen sich koppeln lassen zu großen Hallen, in denen dann modernes Ensuite- und Festival-Theater spielbar ist? Nicht über den Bühnenrand geschaut?
  4. Die bisherigen Vorbereitungen liegen in Händen einer Stabsstelle, die nicht kreativ und unabhängig, eher weisungsgebunden wie der „Stab“ von Kulturdezernat und Oberbürgermeisterei operiert. Die intensive Suche nach Interims-Orten (wie Opernplatz 2/Signa-Pleite, siehe auch gutes Beispiel Düsseldorf) verläuft phantasielos und versandet. Sand in unsere Augen?
  5. Wäre bei einem Milliardenprojekt nicht ein internationaler Architektur-Wettbewerb für eine neue Doppelanlage (unter Bewahrung denkmal-geschützter und historischer Elemente) auf dem bestehenden stadteigenen Grundstück als allererste Aktivität angesagt? Und könnte dieser nicht zu einem weltweit beachteten Entwurf für die Zukunft des (Frankfurter) Theaters führen? Provinzposse in der Metropole, zugunsten der skandalträchtigen Helaba?
  6. Werden hier nicht städtische Subventionen in Millionenhöhe für Abriss- und Bauwirtschaft (die auf der nachbarschaftlichen Baustelle bereits mit dem Pickel scharrt) sowie für die Helaba und Sparkasse verdeckt am EU-Wettbewerbsrecht vorbei geschleust?
  7. Spielt nicht die Zeitdauer der Projektentwicklung (im Angesicht der bislang behaupteten Dringlichkeit der Neubauten wegen drohender Schließung der maroden Doppelanlage) die allerwichtigste Rolle? Wie soll das ohne Bau-Skandal ablaufen, wenn Jahre verplempert werden, nur um einen unnötigen, intransparenten Deal, der private Ideen zum Hintergrund haben könnte, zu machen?
  8. Einen Deal der überteuert ist, logistisch schwer beherrschbar, zeitlich völlig unwägbar und an Fixsternen vorbeigemogelt, städtebaulich ein absolutes No-Go, herbeigeschwindelt mit der Etikette „Kulturmeile“ (die längstens existiert, würde man sie pflegen) und für das Frankfurter Theater alles andere als zukunftsweisend?
  9. Nur der verhandelte Erbpachtvertrag weist in die Zukunft: 199 Jahre steht das Schauspiel eingezwängt auf Grund und Boden der Helaba – falls nicht noch etwas dazwischenkommt.
    …un es will merr net in mein Kopp enei…
    na wenn dieses Stück, das gerade eben im Frankfurter Rathaus gegeben wird, mal nicht zum Skandal wird…

Frankfurt am Main, 30.07.2024,

Peter Lieser

Kostensteigerung um 100 Millionen Euro für den fatalen Abrissdoppelbeschluss

100 Mio. € bislang versteckte Euro Mehrkosten der „Kulturmeilenlösung“ für die Städtischen Bühnen sind nun eingepreist.  Die im Memorandum of understanding vor einem Jahr vorgesehenen Zahlungen beliefen sich mit der zu berücksichtigenden Abzinsung auf einen realen Betrag von 116 Mio. € (bei einem Zinssatz von 2,5%). Laut neuer Rahmenvereinbarung der Stadt Frankfurt am Main mit der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen und der Frankfurter Sparkasse vom 10. Juli 2024 steigen die Kosten für den Erwerb des Grundstücks an der Neuen Mainzer Straße für den Neubau des Schauspiels auf 210 Mio. €. Damit wird die von der Stadt angestrebte Kulturmeile mit insgesamt 1,58 Mrd. € rund 200 Mio. € teurer als der mögliche Neubau der Doppelanlage am bisherigen Standort.

Wir hatten bereits im Dezember 2023 (siehe https://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/12/12/die-kosten-fuer-das-grundstueck-neue-mainzer-strasse-47-51/) darauf hingewiesen, dass bei der Helaba durch den Wegzug Kosten von etwa 245 Mio. € entstehen und damit die Gesamtkosten des Projektes in die Höhe getrieben werden. Selbst der neue erhöhte Preis erhält unserer Kostenschätzung nach noch versteckte Mehrkosten für die Helaba von 40 Mio. €.

Doch trotz Haushaltskrisen wird die Politik wohl an dieser Variante festhalten. Die Logik  heißt Gesichtswahrung. Wenn man von den blumigen Narrativen um die Kulturmeile absieht, ist längst klar: Der Kaiser ist nackt. Der neue Standort für das Theater ist wesentlich schlechter gelegen als der alte, er ist deutlich teurer und erfordert den Abriss eines weiteren Gebäudekomplexes von 39.000 qm – ein ökologisches Desaster. Und selbst für die Beschäftigten des Theaters ist die Version Kulturmeile fatal: Etwa sieben Jahre müssen Sie länger im Bestandsbau ausharren.

Es gäbe viele Lösungen, die besser wären als der eingeschlagene Weg. Neben der sinnvollsten und (wegen des im Besitz der Stadt befindlichen Grundstücks am Willy-Brandt-Platz) kostengünstigsten Option – der Theater-Doppelanlage am alten Standort – wäre auch ein Neubau des Theaters auf dem Signa-Grundstück Opernplatz 2 (ehemals Möwenpick) oder ein Umzug des Theaters auf die Zeil und mithin in die Nähe seines Ursprungsorts an der Hauptwache städtebaulich wesentlich besser als die sogenannte Option „Kulturmeile“.

Aber einmal eingeschlagene Wege will keiner verlassen, und so soll das Schauspiel zwischen zwei Hochhäusern in der Straßenschlucht einer der am stärksten befahrenen Straßen der Frankfurter Innenstadt (mit über 25.000 Kraftfahrzeuge täglich) eingezwängt werden. 210 Mio. € sollen für einen Grundstückskauf ausgegeben werden, obwohl die Stadt über ein für den Zweck besser geeignetes Grundstück selber verfügt

Wie beim Großprojekt Stuttgart 21 können sich die Bürger*innen und Steuerzahler*innen darauf gefasst machen, dass der jetzigen Hiobsbotschaft weitere in Salamitaktik folgen werden. Denn weder sind bislang alle Kosten eingepreist noch alle Risiken des Vorgehens benannt.

Alfons Maria Arns (Freier Kulturhistoriker), Prof. Dr. Maren Harnack (Frankfurt University of Applied Sciences), Martina Metzner (freie Journalistin, abaut), Prof. Dr. Philipp Oswalt (Universität Kassel)

Die Bühnen bei radio X mit Astrid Wuttke

Im monatlichen „Umweltmagazin“ im Frankfurter Stadtradio radio X sprach Otto Gebhardt mit Astrid Wuttke (schneider+schumacher) und Miriam Rabmund (Architects for Future) über „Bauen im Bestand anstelle Abriss und Neubau“.

Im monatlichen „Umweltmagazin“ im Frankfurter Stadtradio radio X ging es um das Thema „Bauen im Bestand anstelle Abriss und Neubau“. Was ist unter Architektur zu verstehen? Wie sind bestehende Gebäude aus heutiger Sicht zu bewerten? Moderator Otto Gebhardt interviewte dazu Astrid Wuttke, Partnerin bei schneider+schumacher, und Miriam Rabmund, die sich bei Architects for Future engagiert, die zehn Forderungen an die Baubranche formuliert haben. Die Forderung „Hinterfragt Abriss kritisch“ wird in der Sendung am Beispiel der Städtischen Bühnen Frankfurt diskutiert.

Hier kann der Radiobeitrag angehört werden:

Astrid Wuttke war Teil des Validierungsteams zur Zukunft der Städtischen Bühnen, das 2019 unter der Federführung von schneider+schumacher im Auftrag der Stadt Frankfurt die Überarbeitung der Machbarkeitsstudie von 2017 begleitete und kritisch hinterfragte. Ihr Artikel „Städtische Bühnen weiterbauen“ ist Teil des Buchprojektes „Zoltan Kemenys Frankfurter Wolkenfoyer – Entstehung und Zukunft einer gefährdeten Raumkunst“, das 2022 von Prof. Philipp Oswalt herausgegeben wurde.

Etwas mehr Streit noch, bitte!

Ein neuer Theaterbau müsste zu einem multifunktionalen Kulturhaus werden. Von Nikolaus Müller-Schöll

Nach anderthalb Jahrzehnten ist die Frankfurter Stadtgesellschaft der Diskussionen über ihr Stadttheater überdrüssig. Ein Aspekt allerdings wurde bisher systematisch ausgeblendet: Das Sprechtheater hat sich so grundlegend gewandelt, dass ein Haus dafür heute nicht mehr mit den Konzepten der 50er- und 60er-Jahre neu gebaut werden sollte.

Seit Jahrzehnten leidet es unter einem beständigen Publikumsrückgang, der in der Pandemie noch einmal beschleunigt wurde. Faktisch ist die Zeit der großen Bühnen und Säle längst vorbei, auch wenn das vorerst noch in allen Theatern dadurch verschleiert wird, dass mit einer Unzahl von Veranstaltungen kompensiert wird, was jede einzelne nicht mehr an Publikumsinteresse auf sich zieht. Das geht angesichts eher schrumpfender Belegschaften auf Kosten der Substanz. Eine radikale Befragung unserer Subventionskultur tut not.

Zwei mittelgroße Bühnen statt einer großen

Ein neuer Theaterbau müsste zu einem multifunktionalen Kulturhaus werden, das für viele Kunst- und Kulturformen offen steht, darunter solche, die heute noch nicht als Theater identifiziert werden, insbesondere von Menschen mit Migrationsgeschichte: unterschiedliche Musikformate, Graffitikunst, Hörspiele, Installationen, Clubkultur, Audio-Walks, Social-Media-Produktionen.

Es bräuchte im Theaterbereich vermutlich eher zwei Bühnen mittlerer Größe und eine kleine als erneut eine große Bühne vom derzeitigen Ausmaß. Denn diese große Bühne erzwingt publikumsträchtige Produktionen. Das ist der Kunst nicht förderlich. Ein neues Sprechtheater müsste zugleich Repertoiretheater und Produktionshaus kombinieren, wie es Matthias Lilienthal als Intendant der Münchner Kammerspiele vorgemacht hat.

Davon zu erhoffen wäre eine Internationalisierung und die Aufwertung frei produzierender Gruppen und Ensembles. Sie sollten hier ebenfalls produzieren können und nach einer bestimmten Zahl von Aufführungen vor Ort auf Tournee gehen. Gleichzeitig müssten die Vorteile eines Ensembles bewahrt werden: die Bindung an die Stadt und das Land und ein Repertoire, das so gut ist, dass man es zwei- und mehrfach sehen möchte. Unvermeidlich wäre eine Verschiebung der Subventionen.

Zuwachs für freie Szene

Zielrichtung müsste ein deutlicher Zuwachs für die freie Szene sein, bei gleichzeitigem sozialverträglichen Abschmelzen der Beschäftigten und damit der immer schon feststehenden Fixkosten des Sprechtheaters. Es kann nicht angehen, dass eine Stadt wie Frankfurt zusieht, wie ihre originellsten Köpfe in Theater, Tanz und Performancekunst entweder weggehen oder aussteigen, weil man in der freien Szene hier in Frankfurt von der eigenen Kunst nur prekär existieren kann, wenn überhaupt.

Darüber hinaus hat die Theaterbaudebatte noch kaum bedacht, was in anderen Bereichen der Bauten für die klassische bürgerliche Öffentlichkeit längst Teil einer jeden Neukonzeption ist: Die Häuser dieser Öffentlichkeit – die Theater, Bibliotheken, Literaturhäuser, Universitäten und Museen – werden in Zukunft neu erfunden werden müssen – oder aber verschwinden.

Der Artikel erschien zuerst in der Frankfurter Rundschau vom 13.12.2023

Nikolaus Müller-Schöll ist Professor für Theaterwissenschaften am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität und Mitglied der Initative Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt.

Abrissdoppelbeschluss

Das Frankfurter Stadtparlament hat am 14. Dezember eines der größten innerstädtischen Abrissprojekte Deutschland der letzten Jahrzehnte auf den Weg gebracht: Zwei große Gebäudekomplexe – die Städtischen Bühnen und der Haupsitz der Sparkasse – mit insgesamt 105.000 qm Gebäudeflächen werden dem Erdboden gleich gemacht. Mehrere eingetragene Denkmäler werden zerstört. Etwa 100.000 Kubikmeter Bauschutt und eine Klimabelastung von 70.000 Tonnen CO2-Equivalenten fallen an.

Die für den Theaterneubau beschlossene Kulturmeile steht in der unseligen Abrisstradition des „Dynamit-Rudis“ (Oberbürgermeister Frankfurts 1972-1977). Nicht nur die bestehende Theateranlage, sondern auch der 39.000 qm große intakte Gebäudekomplex der Sparkasse muss dafür vernichtet werden. Gewonnen ist damit nichts. Die Suche nach Alternativen zum Standort der heutigen Doppelanlage war einst getragen von der Hoffnung, dass damit das Projekt billiger, einfacher und funktionaler wird. Nicht zuletzt sollte ein teures Operninterim vermieden werden. Von all dem ist nichts geblieben. Mit dem Bau des Schauspiels in der Neuen Mainzer bleibt der Oper das Interim nicht erspart. Das Vorhaben ist gut 300 Mio. teurer und wesentlich umweltschädlicher als ein Neubau oder Teilsanierung der Doppelanlage. Aber selbst für die Beschäftigten ist die Kulturmeile nachteilig. Der marode Theaterbau muss so noch 10 Jahre lang genutzt werden, 7 Jahre länger als nötig. Und auch die Fertigstellung der Spielstätten verzögert sich um mindestens vier Jahre.

Es wäre ehrlich gewesen einzugestehen, dass die vier Jahre lange Suche nach Alternativen nichts gebracht hat. Man hätte schon 2020 über Neubau oder (Teil)sanierung der Doppelanlage entscheiden und diese auf den Weg bringen können. Dies hätte enorm viel Zeit und Geld gespart. Und nicht einmal der heutige Beschluss schafft Klarheit. Die Zukunft des Schauspiels ist in der Schwebe, weil der Baugrund der Stadt nicht gehört. Weitere Untersuchungen und Verhandlungen mit den üblichen Verzögerungen werden wahrscheinlich die Folge sein.

Ein Gebäude mit großer Tradition, das für eine wichtige Epoche der Stadtgeschichte steht wie kaum ein anderes, wird verschwinden und aus dem Stadtbild ausgelöscht. Die Nachkriegsgeneration hat die Kriegsruine des Schauspiels intelligent genutzt und in einem innovativen Prozess des Weiterbauens daraus eine moderne Theateranlage entwickelt, die ein wichtiger Ort der jungen Demokratie war. Diese visionäre Kraft fehlt der Politik heute. Sinnlos zerstört sie Vorhandenes, um für die Oper ein antiquiertes Leuchtturmprojekt im Geiste neoliberaler Stadtmarketings der 1990er Jahren aus der Taufe zu heben. Das Schauspiel wird marginalisiert, städtebaulich massiv abgewertet und in eine ungewisse Zukunft entlassen.

Weitere Infos unter: https://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/09/27/oeffnen-sanieren-weiterbauen/

60. Geburtstag

Der 14. Dezember 2023 ist nicht nur der Tag, an dem das Frankfurter Stadtparlament die unselige Kulturmeile und damit den Komplettabriss der Städtischen Bühnen Frankfurt beschlossen hat. An diesem Tag war auch das 60jährige Jubiläum der Eröffnung des Baus am 14. Dezember 1963. Anlässlich dieses Geburtstags hat die ARD-Mediathek mehrere Originalbeiträge des hr rund um die Eröffnung der Theaterdoppelanlage im Dezember 1963 online gestellt, die in jeder Hinsicht spannend sind als kleine Reisen in die Vergangenheit Frankfurts; etwa als Frankfurt noch durchgehend die autogerechte Stadt war.

Hier die Links: 

Interview mit Harry Buckwitz und Hannsgeorg Beckert zur Grundsteinlegung am 5.5.1960, 5:53 Minuten:

https://www.ardmediathek.de/video/hr-retro-oder-abendschau/interview-mit-harry-buckwitz-und-hannsgeorg-beckert/hr-fernsehen/MDRiYTg4MGMtZTA5ZC00YzFhLTk0MGEtNjI4YTQ4YzFmOGJk

Reportage 4 Tage vor der Eröffnung (10.12.1963) mit Kurzinterviews. 5:33 Minuten

https://www.ardmediathek.de/video/hr-retro-oder-hessenschau/staedtische-buehnen-frankfurt-vor-der-eroeffnung/hr-fernsehen/NWI4NmIwMTgtZTYzNS00NTk5LTllMzEtNzMwMTQ1Mjc4YTgy

Reportage zur Eröffnung (14.12.1963) mit Kurzinterviews. 5:11 Minuten

https://www.ardmediathek.de/video/hr-retro-oder-hessenschau/eroeffnung-staedtische-buehnen-frankfurt/hr-fernsehen/Y2JhYjA4YzktNDk3Zi00YWMyLWI1YjEtYzNjYWJlNTczZmMw

Versteckte Kosten von über 100 Mio. € für die Kulturmeile

Vorgesehener Standort des Schauspiels Frankfurt im Rahmen des Konzepts „Kulturmeile“

Gemäß einer gemeinsamen Pressemitteilung der Stadt Frankfurt am Main, der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba) und der Frankfurter Sparkasse haben diese  im Juli 2023 ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, wonach die Helaba der Stadt Frankfurt den 5.500 qm großen südlichen Teil ihres Grundstücks Neue Mainzer Straße 47-51 für 199 Jahre in Erbpacht überlassen will, gegen eine Einmalzahlung von 35 Mio. € und einer Erbpacht von 1,99 Mio. €/Jahr.

Um dies zu ermöglichen, muss die Helaba die von der Frankfurter Sparkasse  für 700 Mitarbeitende und einen Kundenbereich genutzten Bürobauten abreißen und auf der verbleibenden Nordhälfte des Grundstücks neu bauen.

Die Bruttogeschossfläche (BGF) des intakten Bestandsbaus umfasst 28.000 qm oberirdisch und 11.000 qm unterirdisch. Die Bestandsbauten verfügen über drei bis acht Vollgeschosse zzgl. Staffelgeschosse.

Die Initiative Zukunft Städtische Bühnen hat unter Beratung des Projektentwicklers Belius GmbH Berlin anhand der verfügbaren Informationen die Einnahmen und Ausgaben des Vorhabens für die Helaba abgeschätzt:

Einnahmen

Für die Bereitstellung des Grundstücks erhält die Hela als Eigentümer von der Stadt Frankfurt Main:

  1. Einmalzahlung 35 Mio. €
  2. Erbpacht auf 199 Jahre in Höhe von 1,99 Mio. €

Bei einem Zinssatz von 2,5 % sind dies abgezinst auf heute 81 Mio. €.
Bei einem Zinssatz von 3 % sind dies abgezinst auf heute 68,2 Mio. €.
Bezogen auf den Zeitpunkt des Maßnahmebeginns stellen dies Gesamteinnahmen im Wert von 116 Mio. € (bei einem Zinssatz von 2,5 %) dar.

Ausgaben (Brutto)

  1. Abriss Bestandsbau 500 €/qm = 19,5 Mio. €
  2. Neubau als Hochhaus von 160 Meter Höhe: 3.800 €/qm BGF für KG 200 – 700 = 148,2 Mio. €

c) Interim

Mietfläche ca. 27.300 qm Nettonutzfläche (70% der BGF), Mietdauer: ca. 8 Jahre. (Umbau des Interims, Auszug aus Bestandsbau, Abriss und Neubau des Dauerstandorts, Einzug in Neubau).

  • Umbaukosten des Interims für Anpassung an Nutzung 800 €/qm = 21,8 Mio. €[1]
  • Mietkosten 25 €/qm. = 8 Mio. €/ Jahr, auf 8 Jahre = 54,6 Mio. €
  • Umzugskosten = 1.000 € je Arbeitsplatz x 700 AP x 2= 1,4 Mio. €.
  • Finanzierungskosten

Die Gesamtkosten für das Projekt fallen binnen ca. 8 Jahren ab Maßnahmebeginn an. Zu diesem Zeitpunkt stehen aber lediglich ca. 50 Mio. € von den Zahlungen der Stadt Frankfurt zur Verfügung. Für die übrigen Gelder, die innerhalb weiterer 191 Jahre eintreffen, bedarf es einer Zwischenfinanzierung. Während in der obigen Abzinsberechnung die Geldentwertung berücksichtigt ist, fallen weitere Kosten für die Geldbereitstellung an.

Gesamtkosten ohne Finanzierungskosten = 245,5 Mio. €

Anzumerken ist zudem, dass der vorgesehene Abriss und Neubau anspruchsvoll ist. An das Grundstück grenzt im Süden das Japan-Center an (115 Meter hoch, 4 Untergeschosse) und im Norden der in Bau befindliche Central Business Tower (205 Meter hoch, in den Untergeschossen 200 Autoparkplätze und 600 Fahrradstellplätze ). Auf dem Grundstück selbst befinden sich zwei denkmalgeschützte Bauten, die angeblich teilweise erhalten und in den Hochhausneubau integriert werden sollen. Für die Baulogistik ist eigentlich nur Platz zur viel befahrenen Neuen Mainzer Straße, da die westlich angrenzenden Wallanlagen unter Denkmalschutz stehen und die seitlich benachbarten Grundstücke bebaut sind und daher nicht zur Verfügung stehen. Ob in dieser beengten Situation zwei für sich eigenständige Großbaustellen (einerseits der Stadt Frankfurt für die Städtischen Bühnen, andererseits für die Helaba für das Bürohochhaus) betrieben werden können und wie sich dies ggfls. auf Bauzeiten und Kosten auswirkt, ist zu prüfen.

Fazit

Die geplanten Einnahmen decken bei weitem nicht die voraussichtlichen Kosten. Auch wenn anhand genauerer Angaben die oben aufgeführte Berechnung angepasst werden kann und ggfls. Kostenannahmen gemindert werden können, wird dies nicht dazu führen, ein Defizit zu verhindern. Dies führt zu einer Verlustabschreibung, der das Eigenkapital des Eigentümers schmälert.

Auch wenn man ein angemessenen Preis für das Grundstück anders berechnet, ist das Ergebnis wesentlich höher als der im Memorandum of Understanding genannte Preis. Der Bodenrichtwert für das Grundstück beträgt gemäß aktueller Bodenrichtwertkarte der Stadt Frankfurt Main vom 1.1.2022 23.000 €/ qm. Für das 5.500 große Grundstück ergibt sich ein Wert von 126,5 Mio. €. Als Erbauzins sind  5 % des Grundstückswertes je Jahr üblich. Dies entspräche einer jährlichen Zahlung von 6,3 Mio. €. Seitens der Stadt Frankfurt wird für Nichtwohnnutzungen gemäß Stadtverordnetenbeschluss vom 28.9.2019 sogar ein jährlicher Erbbauzins von 6% gefordert.

Ursprünglich wollte die Helaba für das Projekt auch kein Angebot machen. Auf Basis des Bodenrichtwerts gingen Stadtpolitiker von 150 Mio. € aus, verbunden mit der Hoffnung, dass die Aussicht auf Baurecht für einen 190-Meter-Turm die Preisvorstellungen des Eigentümers positiv beeinflussen wird. Im Februar 2023 hieß es dann aber, dass nach den über einjährigen „konstruktiven und vertraulichen Gesprächen“ sich ergeben habe, dass „die Erwartungen nicht in Übereinstimmung gebracht“ werden konnten. (FAZ vom 23.2.2023), Dem Vernehmen lagen die „Preisvorstellungen der Helaba deutlich Höher“ als die veranschlagten 150 Mio. €. (FAZ 10.6.2023). Mitte Juni wurde angekündet, dass der neugewählte Oberbürgermeister der Stadt Mike Josef mit Unterstützung von Landespolitikern nochmals mit der HeLaBa verhandeln wolle. Keine sechs Wochen später wurde das überraschende Ergebnis bekannt gegeben. Der CEO der Helaba begründete die dann gefundene Verständigung mit der Aussage „Zukunftsweisende Projekte von generationsübergreifender Relevanz wie die Kulturmeile sind uns als Landesbank ein besonderes Anliegen“.

Aber ist es die Aufgabe der Helaba, mit versteckten Subventionen die Kosten der angestrebten Maßnahme für den Steuerzahler künstlich kleinzurechnen? Offenkundig handelt es sich bei den vereinbarten Konditionen mit der Stadt Frankfurt um einen politischen Preis, der sachlich nicht begründbar ist.

Hierzu ist festzustellen, dass die Helaba politischem Einfluss unterliegt. Sie hat einen öffentlichen Auftrag, der Spielräume eröffnet, um vom Prinzip der Wirtschaftlichkeit abzuweichen. Eine große Zahl von Mitgliedern in ihren Entscheidungsgremien sind Parteipolitiker. So sind von den 16 Mitgliedern der Trägerversammlung sieben Politiker, drei von ihnen mit SPD-Parteibuch. Im Verwaltungsrat sitzen weitere acht SPD-Politiker (als Mitglied bzw. stellvertretendes Mitglied). Zahlreiche weitere Gremienvertreter der Helaba gehören den Parteien CDU und Grüne an, die als damalige Beteiligte der Landesregierung und im Falle der Grünen auch der Stadtregierung das Vorhaben ebenfalls befürworteten.

Es wäre nicht das erste Mal, dass aufgrund politischer Interessen eine Landesbank in fragwürdiger Weise politische Vorgaben realisiert. Die Entwicklungen bei der Bankgesellschaft Berlin 1994-2001 und der HSH-Nordbank 2003-2015 sind Beispiele hierfür.

Wegen geschönter Bilanz musste die Helaba 2023 6,8 Millionen Euro Strafe zahlen.[2] Die Bank habe 2020 drei Quartale hintereinander zu geringe risikogewichtete Aktiva für Marktrisiken ausgewiesen. Grundlage waren offenbar geschönte interne Modelle der Helaba.

Erst dieser Tage wurde bekannt, dass die Helaba beim Elbtower der Signa-Gruppe in Hamburg als sogenannter „tauglicher Finanzierer“ die geforderte Vorvermietungsquote bestätigte, woraufhin die Stadt für das Projekt grünes Licht gab. Das avisierte  Finanzierungsvolumen von 750 Millionen Euro konnte die Helaba aber nicht zustande bringen und ebenso stockt die Vermietung, sodass die Projektgesellschaft Insolvenz anmelden muss.[3]

Die Berechnungen wurden von der Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt unter Beratung der Projektentwicklungsgesellschaft Belius GmbH erstellt.

Pressemitteilung der Iniitative Zukunft Bühnen Frankfurt vom 12.1.22023


[1] Die Kosten für den reinen Mieterausbau ohne IT und Einrichtungen beliefen sich bereits vor 5 Jahren auf 650 Euro bis 1.450 Euro pro Quadratmeter gemäß Fit-Out Cost Guide EMEA 2017/2018 des Immobiliendienstleistungsunternehmens CBRE.
[2] Siehe hierzu etwa: https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-02/helaba-ezb-geldstrafe
[3] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/signa-insolvenz-und-der-elbtower-die-rolle-der-helaba-19362788.html

Kulturschaffende plädieren für Weiterbauen statt Neubau

Anlässlich des anstehendes Beschlusses der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung am 14. Dezember zum Neubau der Städtischen Bühnen an zwei Standorten melden sich prominente Frankfurter Stimmen zu Wort, die dieses Vorhaben kritisch kommentieren und für einen anderen Umgang mit der Aufgabe plädieren.

Die Video-Statements stammen von Katharina Hacker (Schriftstellerin), Prof. Anett-Maud Joppien (Architektin, DJH, TU Darmstadt), Tim Driedger (Architekt, in_design, Architects for Future), Till Schneider und Michael Schumacher (Architekten, schneider+schumacher).

Hier ein kurzer Überblick – die Video-Statements in voller Länge erreichen Sie via Link unter dem Zitat:

Katharina Hacker, Schriftstellerin

„Als Frankfurterin bin ich leidenschaftlich dafür, dass die Oper bleibt, wo sie ist, wie sie ist, weil ich wenige Gebäude kenne, die schöner und festlicher sind und das liegt nicht nur an den Wolken, das liegt an der Offenheit und an der Weise, wie sich das Foyer jedem der Stadt verbindet.“

https://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/11/25/ich-finde-es-unverstaendlich/

Till Schneider, Architekt, schneider+schumacher

„Die Städtischen Bühnen könnten durch eine tiefgreifende organisatorische, räumliche und energetische Sanierung zu einem Leuchtturmprojekt für Frankfurt werden, dessen Strahlkraft weit über die Stadtgrenzen hinaus reichen würde.“

https://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/11/25/leuchtturmprojekt-fuer-frankfurt/

Prof. Anett-Maud Joppien , Architektin, DJH, TU Darmstadt

„Ich bin für den Verbleib am Standort. Er ist kostengünstiger, er ist vor allen Dingen auch schnelle umsetzbar, nachhaltiger und zeugt von kulturellem und sozialem Respekt. Wir könnten zum Beispiel zügig über einen Architektenwettbewerb klären, welche Teile des Gebäudes saniert werden, welche rückgebaut werden müssen und wie ein Teil Neubau aussieht.“

https://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/11/30/vorbildfunktion-fuer-umbaukultur/

Tim Driedger, Architekt, in_design, Architects for Future

„Als Architects for Future sprechen wir uns sehr für den Erhalt der bestehenden Gebäude aus. Im Jahr 2023 wäre es schlichtweg falsch wäre und irrational, wenn der öffentliche Bau eher erhebliche Summen in einen Neubau steckt, der Klimaprobleme befeuert und verstärkt, anstatt einer vernünftigen und gebotenen, man könnte sagen, enkeltauglichen Bauweise zu wählen.“

https://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/11/30/schlichtweg-falsch-und-irrational/

Michael Schumacher, Architekt, schneider+schumacher

„Frankfurt braucht auch in dem Sinne kein Signature-Gebäude, wir haben die Skyline. Eigentlich haben wir alles an der Stelle. Der Bau mit dem Wolkenfoyer ist grandiose Architektur, dass wüsste ich jetzt nichts Besseres, was man an der Stelle bauen könnte.“

https://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/11/25/zu-erhalten-was-zu-erhalten-geht/

Außerdem möchten wir gerne auf den Artikel zur “Abrisshauptstadt Frankfurt” von Architektin Astrid Wuttke (schneider+schumacher, Hessischer Landesdenkmalrat) in der Fachzeitschrift „Planerin“ aufmerksam machen, worin die Dondorf’sche Druckerei, das Juridicum und die Städtischen Bühnen diskutiert werden: https://zukunft-buehnen-frankfurt.de/2023/11/20/abrisshauptstadt-frankfurt/